Wenn ich das letzte Jahr Revue passieren lasse, fällt mir auf: Das hört sich  unglaublich anstrengend an! Und ja, das war es auch. Vor allem aber ist es ein ganz besonderes Geschenk, zwei Menschen beim Wachsen zusehen zu dürfen. Soviel vorweg.

Als ausgeprägter Morgenmuffel und spontaner Mensch konnte ich mir während der Schwangerschaft kaum vorstellen, dass ich im Babyalltag nichts so sehr begrüßen würde wie einen festen Tagesrhythmus. Der hat sich in den letzten drei Monaten  herauskristallisiert und verschafft mir mehrmals täglich kleine Verschnaufpausen. Den Rhythmus haben sich Babies übrigens selbst ausgesucht – die Idee, “einfach” mit den Babies unseren bisherigen Alltag fortzuführen, hat sich schon mit Einsetzen der Wehen klammheimlich davongemacht.

Und sonst? Nun jut, man kommt zu nix. Okay, fast nix. Irgendwas bleibt immer auf der Strecke. Duschen oder Schlafen oder Schreiben oder Kochen oder Rausgehen oder nach Hause telefonieren oder Wäsche waschen, falten, wegräumen… Was auch immer im Alltag erledigt werden muss, mehr als zwei Aufgaben nehme ich mir nicht vor. Der Rest vergeht mit Stillen, Babybrei machen (seit neuestem), Wickeln, in den Schlaf begleiten, Babys bespielen und bespaßen. Und dann ist es, zack, fünf Uhr. Und man wollte doch noch. Aber die Babies müssen raus (und ich auch).

Zwei so kleine Wesen brauchen ganz schön viel Aufmerksamkeit. In meinem Kopf sah ich immer zwei satte zufrieden spielende oder vor sich hin staunende Babies vor mir, die eigentlich nur weinen, wenn sie hungrig oder müde sind. Ha. Ha. Ha.

Wenn ich “zu lange” etwas anderes mache, melden sie sich. Das kann nach fünf oder 25 Minuten so weit sein. Dann ist ihnen langweilig oder sie lernen gerade sich umzudrehen und schaffen es nicht zurück auf den Rücken. Auf einmal dreht man den ganzen Tag Babies auf den Bauch oder auf den Rücken, reicht diese Rassel oder jene und fängt so spontan an zu singen wie ein Hauptdarsteller im Musical. Währenddessen hofft man, beiden in etwa die gleiche Aufmerksamkeit zu schenken und die Kuscheleinheiten gerecht zu verteilen – puuuuuh.

Ein Höllenritt oder Die ersten zwei Monate mit Zwillingen

Zum Glück hat die Natur es so eingerichtet, dass man nach der Geburt noch ziemlich lange auf einer Welle von Glückshormonen und Adrenalin dahinrauscht. Keine Ahnung, wie man die erste Zeit mit den Babies sonst überleben soll. So in etwa stelle ich mir vor, einen Marathon zu laufen und zu gewinnen. Jeden Tag.

Durch den Kaiserschnitt und den hohen Blutverlust war ich die ersten Wochen ziemlich wackelig auf den Beinen. Meistens lag ich mit ein bis zwei nuckelnden Babies auf dem Sofa. Ab und an schliefen sie in ihrem Stubenwagen (a.k.a. Kinderbett auf Rädern, weil da beide reinpassten), aber am liebsten lagen sie auf oder an mir.

Als wir frisch zu Hause waren, behielten sie zunächst ihren Krankenhaus-Rhythmus bei. Das hieß alle drei Stunden wickeln, trinken, weiterschlafen. Das Vertrauen, dass die Babies schon selber wissen, wann sie Hunger haben, kam erst mit der Zeit. Auch die Schlafgewohnheiten änderten sich nur langsam. Anfangs legten wir sie jede Nacht zusammen in ihr Bettchen. Sie zum Stillen jedesmal herauszuholen, hat mich schnell genervt und uns alle viel Schlaf gekostet. Also haben wir nach einiger Zeit eine Seite vom Kinderbett entfernt und es hochprofessionell mit Kabelbindern an unserem Bett befestigt. Bis heute liege ich so nachts zwischen den beiden und muss mich zum Stillen nur in die eine oder andere Richtung drehen.

Der Mann ging nach fünf Wochen wieder voll arbeiten. Also googelte ich tagsüber verzweifelt Dinge wie “Alleine mit Zwillingen, wie organisiere ich mich?”. Das Internet schwieg. Durch die Anfangszeit muss man wohl einfach durch. Oft blieb ich mit den beiden einfach so lange es ging im Bett und stümperte mich dann irgendwie durch den Nachmittag.

Von anderen Eltern bekamen wir Mut zugesprochen: “Jetzt seit ihr im Auge des Sturms. Noch ein bißchen durchhalten und alles wird besser.” Und das wurde es. Wöchentlich! Anfangs zogen sich die Tage unendlich – und die Monate flogen nur so dahin. Wir spielten uns als Familie ein und aus den Säuglingen wurden Babies. Sie fingen an zu lächeln, zu schauen, das Köpfchen zu heben, zu greifen und sich zu drehen.

Helfer willkommen!

Die erste Woche zuhause war meine Mutter da und half, wo sie konnte. Essen kochen, aufräumen, einkaufen. Nicht sehr dankbare Aufgaben für eine frischgebackene Omi, aber ich und die Babies waren nach der anstrengenden Zeit im Krankenhaus im Dauerkuschel-Schlaf-Still-Modus und wollten nichts außer Zusammensein.

In den folgenden Monaten hatten unsere Besucher mehr Babyspaß, nichtsdestotrotz war die beste Hilfe ein frisch gekochtes Essen. Nie haben wir schlechter gekocht und gegessen als in den ersten Babymonaten. Gemeinsam zu essen war am Anfang fast unmöglich. Wie oft war das Essen fertig und die Babies hungrig! Abendessen nachts um zwölf? Mehr als einmal passiert. Bis heute schlafe ich oft mit den Babies ein und werde vom Mann zum Abendessen geweckt.

So tagträumte ich bisweilen von einem täglich frischen Häppchen-Buffet im Wohnzimmer, wo ich mir nur im Vorbeigehen was schnappen müsste. Leider lief es viel zu oft auf halbverbrannte Tiefkühlpizza und lasche Pasta mit Tomatensauce hinaus.

Mittlerweile sind aus den beiden zwei sehr soziale Wesen geworden, die sich gerne von Omas und Opas, Tanten und Onkeln beknuddeln und bespaßen lassen. Auch für die Kinderwagengucker bei unseren täglichen Spaziergängen ist oft ein Lächeln drin. Diese Kontaktfreudigkeit nutzen wir natürlich schamlos aus und überreichem dem glücklichen Gegenüber gerne ein Baby, um in aller Ruhe einen Kaffee zu trinken oder zu essen.

Mit Zwillingen allein zu Haus

Als Zwillingsmama habe ich eines sehr schnell gelernt: Gelassenheit. Das bedeutet, mich nicht von jedem Quaken aus dem Konzept bringen zu lassen. Sich einzugestehen, dass ich nicht immer beiden gerecht werden kann. Auszuhalten, dass ein Baby weiter weint, während das andere gestillt wird oder gerade einschläft. Zu lernen, beide gleichzeitig zu beruhigen (oder zumindest abzulenken). Ein selig schlafendes Baby aus dem Arm zu legen, weil das andere auch hungrig ist. Im Zwillingsalltag gibt es Unmengen solcher Momente. Das kann einem das Herz brechen. Am liebsten würde man sich zweiteilen, statt sich ständig zu fragen: Welches Baby braucht mich jetzt mehr?

Es gibt Tage, an denen ich mittags im Pyjama auf dem Boden sitze und die Babies auf meinem Schoß wippe. Es gibt Tage, an denen sie ein kleines Nickerchen machen und ich duschen kann. Und dann gehen wir eine Runde raus, weil das Wetter so schön ist. Dann gibt es Brei und irgendwie ist es schon wieder so spät und ich habe selber noch nichts gegessen. Es gibt Tage, an denen sie einfach nicht einschlafen wollen, obwohl sie selbstverständlich todmüde sind. Das einzige was mir hilft, ist ein fester Rhythmus – und die Disziplin, diesen einzuhalten. Angefangen haben wir damit etwa ab dem vierten/fünften Monat, wirklich rund läuft es hier erst seit ein paar Wochen. Und immer noch kann ein zu spät gemachter Brei mir den ganzen Tagesablauf durcheinander bringen.

Dazu muss ich sagen, die Babies sind jetzt acht Monate alt und in einer für mich sehr komfortablen Phase. Sie sind groß genug, um sich eine Weile selbst zu beschäftigen und beweglich genug, um an ihr Spielzeug heranzukommen. Und auch wenn eine mittlerweile kreuz und quer durchs Wohnzimmer wuselt, bin ich zum Glück immer noch schneller. Für mich bedeutet das, ich kann in Ruhe meinen Kaffee trinken. Naja, fast. Es wird sicher nicht mehr lange dauern, bis ich hier mit zwei in verschiedene Richtungen krabbelnde Babies sitze, die ich vor ungeahnten Gefahren bewahren muss.

Allen zukünftigen Zwillingseltern möchte ich an dieser Stelle herzlich gratulieren (das machen viel zu wenige)! Das schafft ihr!