Schon immer einmal wollte ich mit dem Zug zur spanisch-französischen Grenze bei Portbou fahren. Ich mag diese Orte, ich mag die Idee, bis zur Endstation zu fahren, um zu sehen wie es dort aussieht. Kleine oder verheißungsvoll große Städte, an denen es nicht mehr weitergeht: Norddeich-Mole, Istanbul, Portbou, Ganz-weit-weg, Fernweh. Bis hierhin wurde die Bahnstrecke gebaut, hier hört das Land auf. Oder auch: Nach diesem wichtigen Ort kommen nur noch viele kleine Orte, die nur Einheimische kennen.

Der Zug fährt von Barcelona los und die Landschaft verändert sich langsam. Nach ein paar Stunden blitzen zwischen Felsen und Bäumen die Strände der Costa Brava auf. Im Zug ist es kühl, draußen herrscht, wie überall dieses Jahr in Europa, eine drückende Hitze. Das Wasser glitzert blau und ich bekomme Lust einfach auszusteigen, aber noch sind wir nicht da.

In Portbou ist es so: Viele Menschen mit großen Rucksäcken auf dem Weg nach irgendwohin in Frankreich. Es ist etwas unübersichtlich, denn in Frankreich ist Bahnstreik. Die Frau am spanischen Schalter sagt, sie weiß nicht, ob heute überhaupt noch ein Zug über die Grenze fährt. Der französische Schalter ist nicht besetzt, die Anzeigetafeln ausgeschaltet. “Keine Panik” sollte auf jedem Reiseführer stehen (nicht nur für die der Galaxis). Aus irgendeinem Grund mache ich mir keine Sorgen, eigentlich mag ich die Situation sogar – mit den anderen Reisenden sprechen, überlegen, wie man im Zweifel weiter könnte und vor allem erst mal in das Café am Platz gehen und einen Kaffee trinken.

In der Zwischenzeit bilden sich Reisegrüppchen am “Taxistand”, besser gesagt an der Hauptstrasse. Auf der französischen Seite soll es angeblich weitergehen, mit Bus zur Not, man muss nur über die Grenze kommen. Aus den umliegenden Ortschaften kommen Taxen angerollt und haben einen guten Tag. Zugegebenermaßen wäre ich entspannter, wenn wir ohne Kinder unterwegs wären. Mit den fünfjährigen Zwillingen würden wir aber doch schon gerne heute noch in unserem Hotel ankommen. Der Mann wird nervös, also nehmen wir auch ein Taxi und fahren über die Grenze. Das war also Portbou. Viel gesehen habe ich nicht. Ein paar Schmuggler huschen über den Berg, Walter Benjamin durch meinen Kopf. Die französische Polizei hält Wache. Dann sind wir in Cerbère. Am Bahnhof blättert die Farbe von den Wänden, auf der Anzeigetafel wird der Zug planmäßig angekündigt. Erster Reisetag und schon Unsummen für ein Taxi ausgegeben, aber so ist das wohl.

Die nächste Strecke ist wieder von Endstation zu Endstation, vorbei an ein paar Stränden, durch Lagunen und Salzseen, als ob der Zug auf dem Wasser führe, wie bei Chihiro. Wir fahren vorbei an Weinbergen und Pinienwäldern und sandiger Erde. Die Namen der Örtchen, die wir durchfahren, klingen nach Sommerromanzen und Künstlerkolonien, da hinten muss ein Windsurf-Paradies sein, viele bunte Segel sieht man über das flache Meer ziehen.

Als wir in Avignon aussteigen, ist es heiß, am heißesten, wir eilen ins Hotel und bleiben dort, im Kühlen.

Immerhin haben wir am Abend noch die berühmte Brücke von Avignon gesehen.