Bisher dachte ich irgendwie, dass fast alle Eltern mit ihren Babies in etwa so umgehen wie ich (ähem) und wie ich es von meinen Freunden und Familie kenne: Wenn ein Baby schreit, schaut man was es hat (Hunger? Pipikaka? Müde? Auf den Arm? Langeweile?) und dann macht man halt eben dieses oder jenes, Baby hört auf zu schreien und gut is. Unsere Babies schlafen bei uns im Bett, werden gestillt, viel getragen und ja, das war es eigentlich auch schon.
Dann las ich den ein oder anderen Blog und lernte, dass das einen Namen hat und eine Art Philosophie dahinter steckt. Attachment Parenting. Na gut, gebt dem Ding einen Namen. Und da steckt sicher noch viel mehr hinter, als ich hier so flapsig ausgedrückt habe. Lasst uns darüber diskutieren, meinetwegen. Trotzdem hat sich mir die Diskussion nicht erschlossen: Warum sind da alle dafür, dagegen, wer macht es richtig, wer falsch? Ahnungslos, wie ich war, dachte ich, naja, NATÜRLICH gehe ich auf die Bedürfnisse meiner Babies ein und versuche sie zu erkennen. Das ergibt sich ja irgendwie von selbst. Machen doch auf die ein oder andere Weise alle so. Warum wird da so viel diskutiert?
Bis letzten Sonntag, auf einem Familienfest. Ich hoffe immer noch, dass die andere Mutter, die mit ihrem drei Monate altem Baby dort war, einen schlechten Tag hatte oder besonders cool rüberkommen wollte. Vielleicht war sie auch einfach zu schüchtern, um etwas zu sagen. Aber, was soll ich sagen, ich habe NOCH NIE eine Mama mit so wenig Draht zu ihrem Kind gesehen. Es tat mir im Herzen weh, dieses kleine Wesen zu sehen, dass so offensichtlich nach Nähe und Schutz suchte und stattdessen von einem Arm zum nächsten wanderte. Dazu wurde noch kommentiert: “Also, die beruhigt sich ja wirklich nur auf Papas Arm, haha!” Haha? Das arme Kind schrie fast das ganze Essen durch.
Dazwischen gab es Spaziergänge im Kinderwagen (damit sie einschläft) und Fläschchen. Ja, und wer gibt das Fläschchen? Die Großtante, die das Baby noch nie gesehen hatte. Statt zu trinken, schrie die Kleine weiter und wurde immer nervöser, während Tantchen versuchte, ihm den Nuckel in den Mund zu stopfen. Die Mutter saß ein paar Stühle weiter und sagte nichts, stattdessen griffen der Mann und ich irgendwann an ein und meinten, “wenn ein Baby so weint, kommt es am besten zur Mama, oder?”.
Also kommt das Kind zu seiner Mama. Diese versucht ein paar Minuten weiter, dem schreienden Baby die Flasche zu geben, es lässt sich aber nicht beruhigen. Das Kind wird an den Vater gereicht, es trinkt wieder nicht, von dort geht es zum Opa, da trinkt es auch nicht… “Die hat ja gar keinen Hunger!” lautet die Diagnose am Tisch. Das Baby schreit weiter und ich fragte mich langsam, wie lange das Gehampel noch weitergehen soll.
Zum Glück kam an dieser Stelle die Oma ins Spiel, die sich das Baby griff und eine Weile im Arm trug, bis es sich beruhigte. Als sie ihm dann das Fläschchen nochmal anbot, trank die Kleine die ganze Flasche aus – oh Wunder! und schlief dann auf Omas Arm ein (die leere Flasche wurde dann von Oma triumphierend herumgezeigt, aber das ist eine andere Geschichte). “Also hatte sie doch Hunger” staunten alle.
An dieser Stelle dachte ich: Ok, DARUM gibt es diese ganzen Diskussionen. Es gibt immer noch Mütter, die nicht wissen, auf ihr Baby einzugehen. Die es vielleicht nicht anders kennen. Die sich von den Kommentaren älterer Damen verunsichern lassen: “Wenn du sie jedes Mal hochnimmst, weil sie schreit, gewöhnt sie sich noch daran!” “Oh, pass auf, nachher schläft sie nie alleine ein!” “Was, die schlafen nicht in ihrem eigenen Bett?” “Ts, ts, immer auf Mamis Arm…”. To be continued.
Es gibt immer noch Menschen, die ein schreiendes Kind wie eine Puppe hin- und herreichen, anstatt es der Mutter zurückzugeben. Ab und zu finde ich selber eines meiner Babies in den Armen einer wildfremden Person wieder und frage mich, wie es dahin gekommen ist. Es gibt Situationen, in denen eine Mutter (inkusive mir) sich vielleicht nicht traut, zu sagen: “Gib mir mein Kind bitte wieder”. Da wird man ja auch gleich schief angesehen und als Glucke abgestempelt.
In Spanien werden Babies und Kinder viel mehr hochgenommen und angefasst als in Deutschland, daran habe ich mich schon gewöhnt. Die Spanier sind ein soziales und kinderliebes Völkchen und meistens finde ich es auch schön, dass Kindern hier so viel Interesse entgegengebracht wird. Der Tenor lautet: daran müssen sich die Kleinen eben gewöhnen, hier ist das eben so! Aber wenn ich sehe, dass eines meiner Babies sich unwohl fühlt oder weint, dann bin ich in Nullkommanix da und schaue, was los ist. Vielleicht hat das auch garnix mit Spanien zu tun und man kann solche Szenen in Deutschland genau so beobachten?