Achtung! Wenn Du noch schwanger bist, und/oder keine Lust auf schlimme Geburtsgeschichten hast (und das hier ist wirklich schlimm und schrecklich und gar nicht schön) lies das hier einfach nicht. Ich habe lange gehadert, ob ich überhaupt hier im Blog darüber berichten soll und habe mich letztendlich dafür entschieden. Warum? Weil solche Dinge passieren. Weil es sicher noch mehr Frauen gibt da draußen, denen so etwas passiert. Weil ich hoffe, es hilft euch. Weil es hier in meinem frischen, neuen Blog an dieser sonst nicht weitergeht.
Aber, was ist denn eigentlich passiert?
Nach der Geburt hat sich meine Gebärmutter nicht wieder zusammengezogen und ich wäre beinahe verblutet. Die Ärzte haben alles versucht, um die Blutung zu stoppen. Nichts hat geholfen. Um mich zu retten, mussten sie meine Gebärmutter entfernen. Das ist verdammt beschissen und doof und ungerecht und wieso ich!?! Ein wichtiger, wunderschöner Teil von mir fehlt jetzt. Der mich jahrelang genervt hat mit seinen Krämpfen. Der aber immer für mich da war und diese zwei wunderschönen kleinen Babies so tapfer beherbergt hat. Danke, meine liebe Gebärmutter, mach´s gut. Ich werde dich vermissen, du Gute!
Jetzt bin ich aber gerade so sehr glücklich (und beschäftigt!) mit meinen beiden, dass ich gar keine Lust (und noch weniger Zeit) habe, Trübsal zu blasen. Es gibt natürlich Momente in denen ich traurig bin. Es gibt Momente, in denen ich mir wünsche, ich dürfte nochmal eine Schwangerschaft erleben. Es gibt Momente, in denen ich mich ertappe bei dem Gedanken: “Beim nächsten Mal mache ich das anders!” und mich dann daran erinnere, dass es kein nächstes Mal geben wird. Es gibt Momente, in denen ich bereue, nicht gleich in dieser ersten und einzigen Schwangerschaft alles genauso gemacht zu haben, wie ich es eigentlich wollte.
Vielleicht ist das die wichtigste Lektion, die ich hieraus gelernt habe: Mach alles gleich so, dass es für dich gut und richtig ist. Das Leben gibt einem oft genug nur diese eine Chance.
Wo waren wir stehengeblieben?
Es ist geschafft, meine Mädchen sind da! Erleichtert und glücklich warte ich darauf, dass ich aus dem OP-Saal komme. Irgendetwas stimmt allerdings nicht. Besorgte Gesichter, jemand drückt auf meinem Bauch herum. Ist das alles Blut, was da so schwellartig aus mir herausfliesst? “Das hört nicht auf”, sage ich. Die Ärztin an meiner Seite nickt stumm.
Es wird zunehmend hektischer, alle reden durcheinander und rennen aufgeregt hin und her. Die Blutung muss gestoppt werden! Eine Bluttransfusion wird bestellt. “Du musst jetzt schlafen” sagt jemand und ich bekomme eine Atemmaske aufgesetzt. Die nette junge Frau von vorhin sagt mir, ich soll an meine Babies denken – und dann bin ich erstmal weg.
Als ich aufwache, liege ich in einem grau-piepsenden Zimmer und schaue auf eine Wanduhr. Es ist halb sechs Uhr morgens, da habe ich ja doch eine Weile geschlafen. Ich bin voll verkabelt und mein Hals kratzt. Mein Freund steht am Bettende. Es ist nicht halb sechs Uhr morgens, sondern abends. Irgendetwas ist passiert. Ich liege auf der Intensivstation.
Die nächsten Stunden verbringe ich im Dämmerzustand. Ab und zu kommt ein Pfleger herein, schaut auf die Geräte, dreht an dem Rädchen vom Tropf und geht wieder heraus. Durch die offene Tür höre ich die Belegschaft über eine abewesende Kollegin lästern und ich fühle mich ein bißchen wie in einer Arztserie. Zwischen Schlafen und Wachen kommt mein Freund alle paar Stunden zu mir und zeigt mir Fotos von den Babies, die mich jedesmal zum Weinen bringen. Ich will hier raus und zu ihnen, sofort! Was ist passiert?
Wann kam die Ärztin, um mir alles zu erklären? Noch in der gleichen Nacht? Jedenfalls sitzt sie irgendwann mit meinem Freund an meinem Bett und spricht, aber das Gesagte kommt kaum bei mir an. Hat er mir vorher schon gesagt, dass ich viel Blut verloren habe? Tatsache ist, dass ich nach der Geburt fast die Hälfte meines Blutes verloren und mindestens sechs Bluttransfusionen bekommen habe. Während mein Freund mit den Babies auf mich wartete, wurde im OP um mein Leben gekämpft.
Die erste Nacht ihres Lebens verbrachten unsere Mädchen mit ihren Großeltern. Mein Freund hat in dieser Nacht auf einen Schlag unheimlich viel Verantwortung übernehmen müssen. Für unsere Babies, für mich und für uns. Er verbrachte die ersten Stunden nach der Geburt in großer Unsicherheit, ob ich überleben würde. Er musste meine Eltern in Deutschland anrufen und ihnen erklären, dass es mir nicht gut ginge, in einer Sprache, die nicht die seine ist. Er rief seine Eltern zu Hilfe, damit er bei mir sein konnte, so oft er zu mir durfte.
Fast einen Tag lang gab es keine Entwarnung, niemand, der ihm sagen konnte: Sie schafft das.
Und dann, endlich, bin ich aufgewacht.
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