Meer und große Steine

Schlagwort: Corona

Mehrere Kinderbücher und eine Postkarte. Auf der Postkarte steht: Ich denk an dich. Die Kinderbücher sind: Für Hund und Katz ist auch noch Platz und Die Schnecke und der Walfisch von Axel Scheffler und Julia Donaldson. Diese Kinderbücher haben wir während der Quarantäne geschenkt bekommen

Ich denk an Dich

Seit ich meine Lieben in Deutschland so lange nicht gesehen habe, habe ich viele wunderbare Pakete und Päckchen bekommen: Von einer Arbeitskollegin, von meiner Tante, von der besten Freundin, von meinen Eltern, zum Kindergeburtstag, zu Ostern, als Quarantäne-Gruß.

Bei WhatsApp schicken wir Fotos hin und her, wir telefonieren mit und ohne Video. Es kommen mal besorgte Anrufe von der Familie (wenn Spanien mal wieder Risikogebiet wird) oder Fragen von den Kollegen, kleine, liebe Mails. Kunden wünschen alles Gute und hoffen, dass wir alle gesund bleiben. Mit meinen Freunden hier fragen wir auch viel häufiger nach: Wie geht es Dir? Cómo lo llevas?

Und die Antworten sind nicht mehr nur einfach “Gut, danke”, sondern alle erzählen ein bisschen was von sich. Wie die Situation gerade bei ihnen ist, ob die Sorgen zur Angst werden und wie man den Alltag schafft, mit Kindern, mit Schule, mit Quarantäne. Bei all der Distanz, die wir einzuhalten haben, scheint es, als ob wir innerlich einander näher rücken. Wir sind ein bisschen offener füreinander geworden und sensibler für die vielen Auf-und-Abs, die jeder, in seinem eigenen Rhythmus, durchläuft.

Das Wörtchen gut hat in diesem Jahr viele neue Bedeutungen bekommen:

Während der Ausgangssperre hieß “gut”, dass wir gesund waren, uns nicht in die Haare kriegen und die Kinder einmal am Tag gelacht haben. Dieses gut wäre zu anderen Zeiten aber ein schlecht gewesen oder höchstens ein geht so, jetzt geht es uns also seit über einem Jahr gut und alle wissen, was gemeint ist. Irgendwo las ich letztens den Begriff “pandemic fine”, das scheint also eine Sache zu sein. In geschäftlichen E-Mails ist der Ton etwas persönlicher geworden, wir schreiben “take care” und bleibt gesund, alle sind etwas offener geworden – schon allein dadurch, dass ich meine Kunden benachrichtige, dass ich diese Woche die Kinder in Quarantäne habe (ja, schon wieder) und meine Arbeitszeiten sich ändern, gibt es auf einmal mehr Raum für Privates. Das hat etwas schönes, menschliches in einen Teil meines Arbeitsalltags gebracht.

Fast habe ich das Gefühl, ständig denken alle an alle. Ich mache mir Gedanken, wie es der alleinlebenden Freundin geht, der Großtante in ihrem Häuschen auf dem Land, wie hart der Lockdown die mit dem dritten Kind hochschwangere Freundin trifft oder die alleinerziehende Mutter. Wer steht in so einer Situation besser da, gäbe es eine Lebenssituation, in der ich jetzt besser zurecht käme? Aber am Ende geht es uns allen, jeder auf ihre Weise eben “gut”, also schlecht, wir halten durch und sind müde vom Alleinsein, vom ständig-zusammen-sein, vom Warten, vom achten PCR-Test der Kinder (negativ), von den Maßnahmen, die umgesetzt und noch mehr von den Maßnahmen, die nicht umgesetzt werden.

Wir sind mit der Gesamtsituation unzufrieden, könnte man sagen, es nervt mich, dass wir immer noch Risikogebiet sind, eine Welle die nächste ablöst und ich meine Familie immer noch nicht besuchen kann oder nur mit enormen Aufwand. Der Flugplan schiebt sich immer wieder einen Monat nach hinten, es gibt keine Flüge und ich möchte eigentlich auch gar nicht fliegen, aber meine Familie würde ich gerne sehen.

In einem Jahr sind die Kinder so gewachsen, sie werden bald vier und es tut mir weh, daran zu denken, was meine Mama und Papa verpasst haben. Das letzte Mal waren die beiden noch fast Babies (naja, klein halt), auf den Fotos sind sie noch ganz rund und speckig und heute springen und klettern hier zwei richtige Kinder herum.

Aber noch schicken wir uns weiter Herzchen und Fotos und ich erzähle den Kindern von der Oma und dem Opa in Deutschland und frage, ob sie sich noch erinnern an das Freibad, an den Tannenbaum und das Feuerwerk an Silvester. Sie erzählen mir kleine Geschichten, die wir erlebt haben und fragen wann wir wieder zu Oma können, und ich sage, wenn der “kleine Husten” vorbei ist. So haben wir den Virus getauft,weil er ein gefährliches kleines Ding ist, welches den Leuten in den Mund hüpft und Husten bringt, aber das ist eine andere Geschichte.

Bis dahin schicken wir weiter Herzchen und Bilder und denken aneinander.

Screenshot SMS: Resultat negativ

Schon wieder Corona

Corona hat uns umzingelt und fiel nicht mit der Tür ins Haus, es tröpfelte nach und nach herein, zumindest schien es so am Samstag. Erst hat es Junikind erwischt, dann den Mann und Petita hat auch Symptome – nur ich bin erneut negativ getestet und somit offiziell immun.

Zwischendurch waren wir uns nämlich doch nicht so sicher: Hatte ich wirklich Corona letzten Monat? Da ich persönlich meine Symptome nicht eindeutig zuordnen konnte (“Ist das die Psyche oder Corona?”), habe ich diese Tage einfach darauf gehofft. Übers Wochenende wurde ich dann von meinem rotznasigen Corona-Kind mehrmals angeniest und viel angeatmet und siehe da: Die PCR vom Montag ist wieder negativ. Das ist die eine gute Nachricht. Die andere gute Nachricht ist, dass ich somit offiziell wieder nach draußen darf und für uns einkaufen kann, mit umgekehrten Hygiene-Regeln: VOR dem rausgehen Hände waschen und nicht beim heimkommen.

Die schlechte Nachricht ist, der Mann wurde positiv getestet, was zu erwarten war (siehe oben, rotznasiges Kleinkind), aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. Bisher fühlt er sich etwas kränklich, aber er hat kein Fieber und keinen Husten, das ist schon mal gut. Ich setze im Kopf unter jeden Tag, der vergeht ein Häkchen, einen Schritt näher dran an “genesen” und einen Tag weniger krank.

Natürlich ist die Zwillingsschwester jetzt auch am Niesen. Wir überlegen also, noch einen Test mit ihr zu machen: Dafür spricht, dass wir dann ein paar Tage früher aus Quarantäne dürfen, falls positiv, und im Falle eines weiteren Corona-Falles im Umfeld (z.B. im Kindergarten) dann garnicht mehr in Quarantäne müssen, weil wir damit dann allesamt offiziell immun sind. Dagegen spricht, dass das Coronatest Nummer…sechs oder sieben? wäre und sie mittlerweile sehr sehr wütend wird, wenn wir ihr sagen, dass wir schon wieder das mit dem “palo en la nariz” machen müssen.

Ja, hier wird getestet, was das Zeug hält, und wenn ich höre, wie augenscheinlich kompliziert das teilweise in Deutschland ist, muss ich (bei allem Gejammer über die meiner Meinung nach viel zu laschen Maßnahmen) sagen, das läuft hier wirklich super. Bei jedem Verdacht wurden wir am gleichen oder Folgetag getestet, die Ergebnisse haben wir maximal nach 48 Stunden, heute kamen sie sogar per SMS.

Mittlerweile gibt es auch Antigentests, da hat man schnell ein Ergebnis, nur bei Risikopersonen und Kindern gibt es dazu noch eine Bestätigungs-PCR hinterher.

Diese Woche merkt man auch, dass die zweite Welle etwas abgeebbt ist – als ich vor einem Monat positiv getestet wurde, rief mich erst fünf Tage später ein Arzt mit sehr wenig Zeit an – diese Woche haben wir bis zu fünf Mal am Tag Anrufe bekommen: Kontaktverfolgung, Krankenschwestern…eine Ärztin hat meinen Mann heute gleich angerufen, um ihn nach Symptomen zu fragen und ein bisschen Info zu Verhalten und so weiter zu geben. Hauptsächlich sollen wir lüften, Hände waschen und versuchen, nicht zu eng zusammenzuhocken, um die Virus-Konzentration in der Luft gering zu halten. Ich versuche hier und da zu wischen, aber das ganze Spielzeug im Kinderzimmer ist eine Sysiphos-Aufgabe, oder eher Herakles in den Ställen des Augias und kein Fluss in der Nähe.

Aber im Moment bin ich schon froh zu sehen, dass die Kinder halbwegs fit sind, sie hüpfen und spielen und streiten wie gehabt und bisher ist die einzige Unannehmlichkeit das Drinnenbleiben müssen. Hoffen wir, das es so bleibt.

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