Meer und große Steine

Monat: Dezember 2017

Tagebuch: Morgen Kinder, wird´s was geben…

Heute war so ein Nachdenke-Tag. Weihnachten nähert sich mit Riesenschritten, es steht im wahrsten Sinne vor der Tür und die Woche ist viel zu schnell vergangen, wie immer. Vor ein paar Tagen haben wir einen neuen kleinen Menschen in unserer Familie willkommen geheißen. Und zack, da war sie, die Nachdenklichkeit. Was mir heute alles durch den Kopf geschwirrt ist!

Erstens habe ich daran gedacht, dass ich mir früher immer ausgemalt habe, wie meine Kinder und die meiner besten Freundin und Cousinen genau wie wir als Nachbarskinderbande die Gegend unsicher machen. Jetzt sind wir alle in anderen Städten und Ländern und es stellt sich die Frage, ob sie überhaupt jemals wirklich befreundet miteinander sein werden.

Die Babies sind heute wie immer so gegen acht aufgewacht, der Mann hatte noch Zeit, sie zu wickeln (juhu!) und ich konnte fünf Minuten weiter dösen. In den letzten Tagen ist Junibaby plötzlich nachts um vier aufgewacht und war eine Stunde wild am wippen, da half nichts außer aufstehen und im Arm herumtragen, bis sie einschlief. Wir sind also etwas müder als sonst und schieben es, wie alle unerklärlichen Nöligkeiten der Babies, auf das Zahnen. Naja, Zahnen oder Wachstumsschub, wobei sie so gesehen schon seit Monaten dauerzahnen und dauerschuben, das ist ja auch nicht realistisch, aber was soll´s, irgendwas wird´s schon sein.

Erstmal Kaffee und ein bißchen spielen, was im Moment bedeutet, die Babies aus womöglichen Gefahrenzonen wegtragen und Papierfetzen aus dem Mund holen. Dann gibt es Obst, welches unter mäßiger Begeisterung zermatscht und gegessen wird. Bei den kleinen Mengen fragt man sich ja schon, ob das auch wirklich reicht an Essen. Also google ich ein bißchen zu BLW und Beikost herum und bin wieder beruhigt. Solange ich weiterhin stille, scheint alles in Ordnung zu sein.

Nach einem kurzen Nickerchen gehen wir duschen, also ich, und die zwei staunen dazu. Für meine tägliche One-Man-Show sind die beiden sowieso ein sehr dankbares Publikum. Aber bloß nicht trödeln, sonst werden sie ungehalten! Ein abwechslungsreiches Programm wird gewünscht! Haare kämmen wird mit großen Augen beobachtet, außerdem gibt es heute “Das große Wäscheaufhängen” und “Fegen” im Programm.

Danach gibt es Mittagessen für alle und Siesta im Kinderwagen. Jacken anziehen ist blöd, aber sobald ich die Haustür aufmache, freuen sich beide und schlafen sogar bald ein. Wir drehen eine Runde am Strand. Bei Palmen und Meer kommt mir das letzte Fitzelchen Weihnachtstimmung abhanden, dabei ist in der Stadt fein dekoriert, aber es ist einfach nicht kalt und dunkel genug. Außerdem fehlen mir Poffertjes, Glühwein und gebrannte Mandeln. Eigentlich komisch, dass sich das mit der weißen Weihnacht so durchgesetzt hat, schließlich ist Bethlehem ja auch kein verschneites kleines Bergdorf. Die Krippen hier sind so gesehen viel realistischer, da reiten die heiligen drei Könige durch eine Art Wüste und Palmen gibt es auch.

Der Tag rast so vorbei, ich bin aufgeregt, weil wir noch packen müssen, die Geschenke sind natürlich noch nicht fertig gebastelt und morgen früh geht es schon zum Flughafen. Wie immer läuft kurz vor den Feiertagen das Handy heiß und ich verabschiede mich gedanklich von einer besinnlichen Weihnachtszeit. Es wird wie jedesmal der Versuch werden, alle lieben Menschen unter einen Hut zu bringen und am Ende hat man das Gefühl, für keinen so richtig Zeit gehabt zu haben. Oder man hat sich wirklich Zeit genommen und dafür nicht jeden getroffen, den man das Jahr über so vermisst hat. Man kennt das ja.

Dazu kommt noch der ganz normale Weihnachtskoller, den ich jedes Jahr bekomme. Wer und was sich da alles immer zusammenrauft und zusammenbraut ist filmreif. Muss das so? Ist das einfach der ganz normale Wahnsinn?

Die Babies schreien und nörgeln sich durch den Nachmittag, heute ist es wirklich ein Zahn, da ist was spitziges zu ertasten. Die andere heult empathischerweise gleich mit, beide sind anhänglich und wollen auf den Arm, also verbringe ich wertvolle Koffer-Pack-Stunden kinderliedersingend auf dem Boden sitzend.

Schwägerin und Schwager kommen noch zum Verabschieden vorbei, der Mann ist das erste Mal über Weihnachten mit in Deutschland, was mich sehr freut – aber auch sehr nervös macht. Ich hoffe, er fühlt sich wohl. An den eigenen Familienwahnsinn ist man ja gewöhnt, aber so ein Schwiegerfamilienwahnsinn in einem anderen Land ist eine ganz andere Nummer (ich spreche da aus Erfahrung). Zwischendurch frage ich mich, ob die Option “einsame Berghütte zu viert” noch umzusetzen ist, dann denke ich: Augen zu und durch. Wie jedes Jahr wird es schon werden, das Essen wird schmecken, der Baum fachgerecht aufgebaut, geschmückt und beleuchtet sein und die Weihnachtslieder lassen sich wunderbar schief singen.

Und dann schlafen die Babies endlich, wir essen Tiefkühlpizza und packen zu viel Zeugs ein und tja, irgendwie musste ich diesen Tag noch loswerden. Jetzt aber ins Bett, morgen früh um sechs geht es los und Fliegen mit zwei siebenmonatigen Babies ist eine weitere Herausforderung. Also, gute Nacht und Frohes Fest!

Alles doppelt gemoppelt? Welche Sachen wir für die Zwillinge im ersten halben Jahr wirklich gebraucht haben

Wichtig war uns von Anfang an: Bloß nicht zuviel Babykram! Wir wollten nicht im Bälleparadies leben, sondern nur Sachen haben, die wir wirklich gebrauchen können. Das hat nicht 100% funktioniert. Ha, wie auch?! Alle wollten gerne etwas für die Babies schenken und nach dem hundertsten “Was braucht ihr denn?” gingen uns die Antworten aus. Was rede ich da! Nach dem fünften. Da wir noch vollkommen neu im Eltern-Business waren, hatte uns die Frage schon zu Beginn der Schwangerschaft Kopfzerbrechen bereitet. Als endlich der berühmte Nestbau-Trieb einsetzte, durchstöberte ich das Internet nach Tipps und stellte mir eine Liste für die Grundausstattung zusammen. Dazu gab es noch eine Sektion “Nice to have”, auf der ich alles sammelte, was mir unterwegs so in den Sinn kam.

Viele hatten andererseits “Angst”, was falsches oder schon vorhandenes zu schenken. Immer wieder überlegten wir, was wir uns brauchbares wünschen könnten. Das war gar nicht so einfach! Denn, und das hat sich in diesem ersten halben Jahr mit den Zwillingen bestätigt: Babies brauchen nicht viel. Solange Mama, Milch, was zum Anziehen und Windeln da sind, ist alles in bester Ordnung. Mama braucht dann noch Papa oder einen sonstigen Helfer, genügend zu essen und mentale Unterstützung. Wenn das soweit passt, gibt es allerdings schon noch ein paar Dinge, die den Alltag mit Zwillingen erleichtern.

Was ziehen die Babies an?

Welche und vor allem wie viele Anziehsachen unsere Babies brauchen, habe ich nie herausgefunden. Wir haben aus reinem Spaß an der Freud’ zwei Sets Neugeborenenkleidung gekauft, um die Babies auch mal schick zu machen. Das waren ein Body, eine Mütze, zwei Strampelhosen und zwei Jäckchen pro Baby. Das wars. Der Rest kam aus einer Riesenkiste an Babysachen, die hier im Bekanntenkreis die Runde macht, eine zweite Kiste hat mir eine Freundin aus Deutschland geschickt (dankeschöööön!). Da war von allem genug dabei. Wir hatten und haben mehr als genug und haben viele Sachen garnicht benutzt. Trotzdem habe ich mich (entgegen meiner Befürchtungen) über geschenkte Babyklamöttchen gefreut. Ab und zu will man seinen Süßen einfach was schönes Neues anziehen! Mal sehen, wie wir die nächsten Monate klamottenmäßig über die Runden kommen, so langsam verebbt die Kleiderflut.

Was war meine Rettung?

Um den Alltag mit Zwillingen zu meistern, haben mir vor allem zwei Dinge geholfen: ein Tragetuch (Boba Wrap) und eine Federwiege. Beide stammen aus dem oben genannten Elternfundus und waren ein Segen für mich. Klein Petita hatte ich in den ersten vier Monaten so oft es ging im Tuch. Da fühlte sie sich am wohlsten und schaute zufrieden in die Welt. Leider konnte sie nicht den ganzen Tag da drin bleiben, schließlich wollte ihre Schwester ja auch zwischendurch stillen oder getragen werden. Das war ein ganz schönes Gewickel! Trotzdem hat es mir sehr geholfen.

Die Federwiege wurde fast vollständig vom Junibaby belegt. Sie schläft bis heute am liebsten sanft wippend darin ein – ideal für den Mittagsschlaf! Wir haben sie strategisch geschickt über dem Sofa platziert, so kann ich Petita auf der Chaiselongue in den Schlaf begleiten und mit einer Hand die Zwillingsschwester wippen.

Im heißen spanischen Sommer war es nie besonders schön ein Stillkissen zu benutzen, wer legt sich schon bei 36 Grad gerne ein dickes Kissen um den Bauch? Wenn beide Babies lauthals brüllen, hilft jedoch nur Tandemstillen und dafür ist so ein Kissen schon hilfreich. Die ersten zwei Monate habe ich dazu ein normales Stillkissen zusammen mit ein paar Sofakissen benutzt. Das war ziemlich nervig, ständig ist ein Kissen oder ein Baby verrutscht. Schließlich haben wir uns das Zwillingsstillkissen von CorpoMed bestellt. Tandemstillen ist für mich immer eine Notlösung geblieben, so Babies bewegen sich ja auch und haben verschiedene Lieblingspositionen. Trotzdem war das Kissen ein echter Helfer in der Not. Mittlerweile dient es uns als äußerst gemütliches Aufm-Sofa-abhäng-Kissen und man kann außerdem gut ein Baby dazwischensetzen. Der Kauf hat sich also mehrfach gelohnt.

Was haben wir bisher wenig gebraucht?

Die Milchpumpe habe ich ungefähr dreimal benutzt. Zwei Babies trinken ja schon häufig; gerade am Anfang hätte ich nicht gewusst, wann ich denn nun auch noch Milch abpumpen soll. Die paar Male, die es geklappt hat, waren dann auch etwas frustrierend, denn keins der Babies wollte aus der Flasche trinken. Doof. Jetzt finden sie Fläschchen (mit Wasser) aber recht spaßig. Vielleicht kommt das mit dem Milchabpumpen ja noch?

In der Hektik des Nachhausekommens hatte der Mann außerdem einen Fläschchenwärmer und einen Sterilisator für die Mikrowelle gekauft. Letzteren haben wir so lange benutzt, bis ich eines Tages übermüdet die Mikrowelle zweimal hintereinander angestellt habe und der O-Ball zusammen mit den Schnullern darin geschmolzen ist. Seitdem reicht uns Wasser und etwas Seife. Einen neuen O-Ball haben wir auch nicht gekauft (sie waren immer so wütend, weil sie nicht reinbeißen konnten).

Womit spielen die Zwillinge?

In den ersten Monaten war ein Mobilé natürlich der Hit. Das staunten sie dann an. Als sie etwa drei Monate alt waren, haben sie zwei kleine Spieluhren geschenkt bekommen, die lieben sie bis heute. Wenn sie quengelig sind, kann man sie damit super ablenken. Die kleinen gelben Kästchen werden mittlerweile genauestens untersucht und benuckelt.

Wir hatten eine Spieldecke mit Bogen, die ich einmal monatlich rausgeholt habe, bis sie mit fünf Monaten endlich Interesse an den daran baumelnden Sachen zeigten und anfingen, danach zu greifen. Heute benutzen wir die Decke ohne den Bogen, von den Sachen die daran hingen, finden sie immer noch einen kleinen Spiegel und eine Rassel interessant.

Generell ist jetzt alles toll, was Geräusche macht. Die Lieblingsrassel ist seit zwei Monaten ein langweilig aussehender einfacher Holzring von Grimm´s (mit drei kleineren Ringen dran), auf dem man auch noch schön herumbeißen kann. Kuscheltiere und Doudous werden kurz angelutscht und dann liegen gelassen, die warten noch auf ihren großen Moment. Ansonsten mögen sie Fingerspiele und lieben Alltagsgegenstände – alles was Mama und Papa in der Hand haben, hätten sie auch gerne.

Aktuell mögen sie eine Tupperdose mit klappernden Wäscheklammern drin, einen leeren Fünf-Liter-Wasserkanister (das Leitungswasser hier schmeckt nicht), meine Hausschuhe und alte Zeitschriften. Das mit den Zeitschriften ist so eine Sache, weil sie die am liebsten essen, aber solange ich in der Nähe bin, lasse ich sie ein bißchen damit herumwurschteln.

Was ist sonst noch praktisch?

Aus Deutschland habe ich mir zur Geburt bunte Spucktücher gewünscht, die findet man hier kaum. Die hatten wir vier Monate ständig im Einsatz, heute dienen sie häufiger zum “Kuckuck” spielen.

Wir haben zwei Babywippen, die wir eine Weile zum Brei essen benutzt haben. Vor ein paar Tagen haben wir zwei TrippTrapps aus zweiter Hand ergattert, seitdem essen wir mehr oder weniger gemeinsam. Die Babywippen benutze ich immer nur kurz, so kann ich zum Beispiel “in Ruhe” duschen und dabei ein Auge auf die Babies haben.

Tja, und das war es dann auch. Ich bin gespannt was die nächsten Monate bringen. Sie können sich ja jetzt immer besser vom Fleck bewegen und werden immer neugieriger – wer weiß, welche Hilfsmittel und Tricks dann unsere Rettung sind?

Eine Gruppe von Cagatios, katalanischen Weihnachtswesen

Es weihnachtet sehr

Heute war Nikolaus und ich habe uns Erwachsenen ganz unerwachsen zwei Überraschungseier gekauft, um der Tradition in diesem Haushalt ein bißchen gerecht zu werden. Nach Spanien kommt der Nikolaus nicht, das ist also ein Teil der deutschen Kultur, den ich meinen Mädchen näherbringen möchte. Wie jedes Jahr habe ich eine kleine Krippe und einen kleinen, hm, Weihnachtsstrauß? aufgebaut, als Adventskranz dient eine rote Kerze (ich schaffe es nie, alle vier Kerzen abzubrennen, darum nur eine).

Unter Palmen und bei Sonnenschein kann einem das heimelige Weihnachtsgefühl schnell abhanden kommen, da muss ich mich immer ein bißchen bemühen. Dieses Jahr passt die Stimmung aber ganz gut zur Jahreszeit. Ob das an den Babies liegt? Oder daran, dass es ausnahmsweise winterlich kalt ist?

Weihnachten auf katalanisch

Es gibt hier an der Mittelmeerküste keinen winterlich verschneiten Wald und ein Schneeflöckchen Weißröckchen löst hier ein mittleres bis großes Verkehrschaos aus, habe ich mir sagen lassen. Die Großeltern erinnern sich noch an die Gran Nevada, die “Große Schneierei” von 1962. Zuletzt schneite es hier 2010 und der Mann brauchte neun stunden von der Uni nach Hause (statt einer).

Entsprechend fühlt sich Weihnachten hier einfach anders an. Auf dem Weihnachtsmarkt gibt es keinen Glühwein und nichts zu Essen, sondern Krippenfiguren und Weihnachtsdeko. Das finde ich sogar ganz schön, so aufs Wesentliche reduziert. Ich kann mir vorstellen, dass die ersten Weihnachtsmärkte in Deutschland auch so angefangen haben.

Spaziert man über einen katalanischen Weihnachtsmarkt, können einem zwei seltsame Wesen auffallen: Der Caganer und der Tio de Nadal.

Der Caganer ist eine etwas außergewöhnliche Figur (und ein Verkaufsschlager), die ihren Platz in jeder typisch katalanischen Krippe hat. Auf gut deutsch gesagt, hockt der “Scheißer” etwas abseits der heiligen Familie und kackt in die weihnachtliche Landschaft. Fragt mich nicht, woher der Brauch kommt, der Mann meint dazu: Nun ja, der musste halt vor Aufregung mal, weil das Jesuskind geboren wurde. Irgendwer auf der Welt kackt ja immer gerade, also macht der Caganer die Szene erst glaubwürdig. Auf den Weihnachtsmärkten finden sich Caganers in vielen verschiedenen Ausführungen, darunter Angela Merkel, Leo Messi und Donald Trump, aber mir gefällt er am besten im traditionellen katalanischen Gewand.

Warum die Katalanen Weihnachten mit Kacken verbinden, weiß wohl niemand so genau. Jedenfalls gibt es ein weiteres Zauberwesen, welches das Thema aufgreift und Kinderaugen leuchten lässt: Der Tio de Nadal (Weihnachtsonkel) oder Cagatio (Kackonkel). Dieser Zeitgenosse ist mir sehr ans Herz gewachsen. Es handelt sich hierbei um einen possierlichen Holzscheit (siehe Titelfoto), der in der Vorweihnachtszeit seinen kalten Wald verlässt, um bei uns Menschen zu überwintern. Bei einigen Familien steht er eines Tages vor der Tür, andere entdecken ihn bei einem Waldspaziergang.

Die Kinder füttern ihren Cagatio eifrig mit Mandarinen und Nüssen, bis er am 25. Dezember so satt und glücklich ist, daß er kleine Geschenke kackt. Warum er dazu mit einem Stock gehauen wird, ist mir schleierhaft. Jedenfalls bevölkern um Weihnachten herum zahlreiche Cagatios die Weihnachtsmärkte. Ein baumstammgroßes Exemplar steht neben dem städtischen Weihnachtsbaum und lädt zum Fotos machen ein.

Wer bringt die Geschenke?

In Spanien gibt es die für mich sehr nachvollziehbare Tradition, dass die Geschenke am Dreikönigstag gebracht werden und zwar von den Reyes Magos, den Heiligen Drei Königen. Was mir daran besonders gefällt, ist die rührende Umsetzung dieser Tradition. Ein glaubwürdigere Darstellung könnten weder der Weihnachtsmann noch das Christkind abliefern.

Wochen vor Weihnachten entsenden die Könige ihre Pagen in die Städte, um die Wunschzettel der Kinder entgegenzunehmen. Je näher Weihnachten rückt, desto länger werden die Schlangen vor dem Pavillon, in welchem der Page logiert.

Am fünften Januar kommen die Heiligen Drei Könige in Spanien an. Bei uns im Ort landen sie am Hafen und fahren dann in einem großen Umzug durch die Stadt. Aus märchenhaft dekorierten Wagen werden ähnlich wie beim Karneval Bonbons geworfen (allerdings viel weniger) während am Straßenrand die Kinder vor Aufregung fast vergehen. Einige Kinder halten wie bei Sankt Martin Laternen in der Hand (was es hier leider nicht gibt).

Fast jedes Kind hat seinen Lieblingskönig, der sehnsüchtig erwartet wird. Und da kommt auch schon der erste mit seinem Gefolge. Orientalisch gekleidete Trommler gehen seinem Wagen voraus. Der König sitzt hoch oben auf seinem Thron, umgeben von seinen Dienern. Einige Kinder werden auf den Wagen gehoben, um ihm ihren Wunschzettel persönlich zu überreichen. Übrigens: Schlimmerweise war der afrikanische König Balthasar lange Zeit ein schwarz angemalter Weißer, mittlerweile werden er und sein Gefolge von der afrikanischen Gemeinde dargestellt.

Nachts, wenn die Kinder schlafen, senden die Könige ihre Helfer aus. Am Morgen des sechsten Januar gibt es dann endlich Bescherung. Wer nicht brav war, bekommt einen Sack voller Kohlen. Die “Kohlen” sind schwarz gefärbte Zuckerklumpen in kleinen Jutebeuteln – manchmal bringe ich aus Quatsch welche nach Deutschland mit, probiert habe ich sie allerdings noch nie.

Für die Spanier zieht sich die Weihnachtszeit also bis zum sechsten Januar – ganz schön lang! Für uns als binationale Familie ist das ziemlich praktisch: So können wir Heiligabend ruhigen Gewissens in Deutschland verbringen und am Dreikönigstag bei der spanischen Familie feiern. Finde ich zumindest, für den Mann wird es dieses Jahr das erste Weihnachten in Deutschland. Er fremdschämt sich schon, weil ich ihm gesagt habe, dass wir bestimmt Feliz Navidad singen werden 😀

Die erste Woche mit Zwillingen – ein Rückblick

Als die Zwillinge gerade geboren waren, und alles neu, schlaflos und aufregend war, hat es uns jeder gesagt: Die Zeit vergeht so schnell, genießt es! Wir haben es genossen und genießen es noch immer, aber ich muss sagen: Die ersten zwei Monate waren verdammt anstrengend. Wir mussten uns aneinander gewöhnen und versuchen, den Alltag zu meistern.

Irgendwann um den dritten Monat herum wurde es auf einmal leichter: Mehr Schlaf, mehr Routine, mehr Gespür füreinander. Jetzt sind die Zwillinge längst keine winzigen Säuglinge mehr, sondern richtige Babies. Und ja, die Zeit ist so! schnell vergangen! Wie immer, wenn die Babies einen kleinen Geburtstag haben, erinnere ich mich an die erste Woche zu viert…

“La Bessonada”

Auf die schwierige Geburt folgten anstrengende Wochen. Davon war die erste sicher die schwierigste. Zwei Tage lag ich auf der Intensivstation und konnte meine Babies nur auf den Fotos sehen, die der Mann mir zeigte. Die ersten zwei Tage in ihrem Leben habe ich verpasst. Es gab keinen kuscheligen Stillbeginn mit Haut-an-Haut-Kontakt, sondern Fläschchen für sie und Milchpumpe für mich. Der Mann pendelte zwischen mir und den Babies hin und her und hielt meine Familie und die beste Freundin in Deutschland auf dem Laufenden. Erst nach 36 Stunden, als er wusste, dass ich außer Gefahr war, konnte er etwas schlafen.

Aber die Babies mussten ja auch versorgt werden! Alle drei Stunden kamen die Kinderkrankenschwestern und brachten die Fläschchen. Die Großeltern und Tanten kamen, um zu helfen. Währenddessen wartete ich darauf, endlich meine Mädchen in die Arme zu schließen.

Bekannt als “La Bessonada” waren wir fester Bestandteil des Krankenhaustratsches (das katalanische Wort für Zwillinge ist bessons, also könnte man den Begriff grob mit “die Zwillingerei” übersetzen). So eine dramatische Geburt, die Mutter immer noch auf der Intensiv und die zwei Neugeborenen mit dem Vater auf der Kinderstation, das spricht sich herum.

Alle nahmen Anteil, von der Putzfrau bis zum Oberarzt. Die Kinderkrankenschwester kam zu mir, um nach der “Mami von den zwei Schönen” zu schauen und zu sagen, dass es ihnen gut geht und sie auf mich warten. Die Hebamme, welche mich bei der Geburt begleitet hatte, schickte eine Freundin vorbei, die gerade Dienst hatte (sie selbst kam bei ihrem nächsten Dienst natürlich auch). Die Ärztin, die den Kaiserschnitt gemacht hatte und der Arzt, der mich durch die letzten Wochen der Schwangerschaft betreut hatte, kamen natürlich. Alle waren sehr herzlich und liebevoll und machten uns Mut.

Eine schrecklich schöne Woche

“Ein Mann hätte das nicht geschafft. Aber diese frischgebackenen Mütter haben etwas in sich…” sagt der Arzt, als er mich endlich von der Intensivstation entlässt. Ob es wirklich geholfen hat, dass ich meine Babies noch einmal kurz sehen konnte, bevor die Narkose wirkte? Am Nachmittag des zweiten Tages darf ich jedenfalls endlich zu ihnen. Ein Pfleger schiebt mich im kollernden Bett durch die Flure zum Aufzug. Ich bin aufgeregt und nervös. Als wir ins Zimmer kommen, wartet mein Mann auf mich. Die Babies werden gerade gewogen und gebadet. Im ersten Moment bin ich etwas enttäuscht und unruhig, dann hören wir schon Geschrei und die klappernden Bettchen im Flur.

Kamen beide gleichzeitig herein oder nacheinander? Ich weiß nur noch, daß ich ziemlich schnell beide an der Brust hatte und meine kleine Erstgeborene seit dem Moment nicht mehr von meiner Seite wich. Die erste Nacht mit den beiden habe ich fast nicht geschlafen, so aufgeregt war ich. Ständig musste ich diese kleinen Wunderwesen betrachten und bestaunen.

Die weiteren Tage im Krankenhaus waren irgendwie schrecklich, absurd und wunderschön. Schrecklich, weil ich überall Schläuche hatte, die Narbe schmerzte und ich mich kaum bewegen konnte. Ständig musste mir jemand die Babies anreichen und mir helfen, mich in Stillposition zu bringen. Mich schmerzte, dass ich nicht die Kraft hatte, die beiden selber zu wickeln, auch wenn das Papa, die Krankenschwester oder die Tante super erledigt haben.

Eigentlich wollte ich nur mit den beiden alleine sein, stattdessen gab es im Krankenhaus-Alltag kaum Ruhepausen. Alle drei Stunden Fläschchen, dazwischen Visite für mich, für die Babies, Frühstück, Babies wiegen und baden, waschen und Medikamente für mich, netter (und weniger netter) Besuch, Mittagessen, wickeln…so ging es Tag und Nacht weiter. Dazu schwitzte ich vor mich hin, die Sonne knallte ins Zimmer und man konnte die Fenster nicht öffnen. Also alles andere als schön.

Absurd, weil einige Situationen so doof waren, dass wir nur noch ungläubig lachen konnten. Es gab sehr nette Kinderkrankenschwestern (meistens die jungen) und die abgebrühten Nachtschwestern alter Schule mit ruppigem Griff und strengem Gesicht. Mit letzteren stritten wir uns, wenn die Babies ihre Fläschchen nicht ausgetrunken hatten – obwohl ich ja bereits stillte. Die andere Mutter, die für zwei Stunden das Zimmer mit uns teilte: Drei Neugeborene und zwei Elternpaare in einem Raum, dazu mein desolater Zustand und Besuchszeit. Grauenhaft! Am Nachbarbett eine frischgebackene Oma und eine von der Geburt erschöpfte Mama, während ich noch nichtmal alleine auf Toilette gehen kann. Stichwort Bettpfanne. Mehr muss man nicht sagen. Sämtliches Pflegepersonal hat sich bei uns (und sicher auch bei ihr) entschuldigt, als sie später auf ein freies Zimmer verlegt wurde. Das war definitiv der Tiefpunkt. Es war so dermaßen blöd alles, dass wir irgendwann nur noch darüber lachen konnten.

Wunderschön. Da waren meine Babies, der Mann und ich, alle vier. Gesund und froh, zusammen zu sein. Trotz des ganzen Trubels um uns herum hatten wir ab und zu Momente, in denen die Zeit kurz still stand. Ein leises Gespräch mit den schlafenden Babies auf dem Arm. Die Stunde am frühen Morgen, bevor der Tag losging. Der Mann, der jede Nacht auf dem unbequemen Krankenhaussessel neben mir schlief. Das hat uns durch die ganze Woche getragen und begleitet mich noch heute.

Home sweet Home

Und dann, ganz plötzlich wurde ich entlassen, wirklich, von einem Tag auf den anderen. Erst einen Tag vorher hatte ich das erste Mal wieder geduscht und ein paar Schritte gemacht. Und dann hieß es: Wenn du bereit bist, könnt ihr nach Hause. Nichts wollte ich lieber. Endlich raus aus dem Krankenhausbett mit der Plastikmatratze, dem muffigem Zimmer und bloß weg von den Nachtschwestern mit ihren Alle-drei-Stunden-Fläschchen. Trotzdem ergriff uns Panik: Hatten wir alles zu Hause, was wir brauchten?

Während meine Schwägerin mir half, unsere Sachen zu packen, raste der Mann in die Stadt um den Windelvorrat aufzustocken und unsere Ankunft vorzubereiten. Den Weg zum Auto und nach Hause schaffte ich nur mithilfe von drei zuckerigen Limonaden und vielen Pausen, so wackelig war ich auf den Beinen. Im Nachhinein betrachtet klingt es etwas irre, aber in dem Moment wollten wir so schnell es geht heim. Dort erwartete uns das Chaos. Eine Woche vorher waren wir stürmisch Richtung Krankenhaus aufgebrochen und hatten alles stehen und liegen lassen. Dazwischen war der Mann nur zum Duschen und Babysachen holen hergekommen.

Tja, da saßen wir nun, zwischen Windelpaketen und Krankenhaustasche, mit den beiden winzigen Babies im Arm. Und atmeten auf.

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